Orgelnachspiel von Mathis Meinrenken auf der Nehrener Orgel am 09. August 2009 (3 Min.)

Unsere Orgel

Werner Renkewitz und Richard Rensch bei der Orgel-Renovierung 1974 in Nehren

Keine berühmte Orgel 

gibt es in unserer Kirche, aber eine mit einer Geschichte.
Kennen Sie den Orgelmacher, Werner Renkewitz - aber bitte nicht Orgelbauer? Das war ein toller und interessanter Mann.

Nachfolgend können Sie seine und ein Teil der Orgelgeschichte lesen. Es ist ein Artikel von Jürgen Jonas der an Heiligenabend 2008 im Steinlach-Boten erschienen ist.

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Von Rimini nach Nehren
von Jürgen Jonas 

Der Orgelmacher Werner Renkewitz baute auch im Steinlachtal viele Orgeln.   

Er wollte nie als Orgelbauer angesprochen werden. „Orgelmacher“ war ihm lieber. Werner Emanuel Renkewitz war ein sonderbarer Mann mit großen Fähigkeiten, dessen Instrumente in vielen Kirchen stehen. Der Orgelbaumeister, der auch Mitbegründer des „Bundesverbands deutscher Motorradfahrer“ war, lebte lange Zeit in Nehren.

Im Dezember 1953 wurde aus Nehren gemeldet: „In den letzten Jahren hat man vergebens nach dem Kirchturm geblickt, um dort die genaue Tageszeit zu erfahren, denn die Zeiger waren müde geworden“. Die Kirche war baulicher Erneuerung unterzogen, eine Orgel neu angeschafft worden. Die Geldmittel der Kirchengemeinde restlos erschöpft. Die bürgerliche Gemeinde leistete einen Beitrag, reiche Geldspenden kamen aus der Einwohnerschaft. Eine neue Turmuhr konnte angeschafft werden. Werner Emanuel Renkewitz nahm mit viel Geschick und Liebe die Montage in die Hand. 

Die Orgel auf der Empore der Nehrener Kirche war Anfang der 50-er Jahre „ein gar wurmiger Kasten“. Die Empore wurde abgebrochen, eine Nische in das Mauerwerk des seitlich vom Chor stehenden Turms eingebrochen, wo das neue Orgelwerk sein Unterkommen fand.

Helmut Völkl schreibt in seinem Buch „Orgeln in Württemberg“: „Das Obergehäuse, das noch barocke Formen zeigt, wird von der alten Orgel übernommen, das neue Untergehäuse bietet Raum für den zweimanualigen Spielschrank. Brustwerk und Spieltisch erhalten intarsiengeschmückte Türen aus Edelholz. Das schön gestaltete und sauber gearbeitete Orgelwerk darf als Zierde des Kirchenraumes bezeichnet werden“. 

Bis heute wird, nachdem sie in Anwesenheit von Renkewitz 1974 noch einmal vom Lauffener Orgelbaumeister Richard Rensch aufgemöbelt wurde, auf ihr gespielt, auch an Weihnachten wird sie erklingen. 

Seit dem Jahr 1952 betrieb Renkewitz in Nehren eine Werkstatt für Orgelbau. Ins Steinlachtal hatte es den Orgelbauer verschlagen, weil ihn Pfarrer Tolk, sein Schwager, verheiratet mit Renkewitz' Schwester Agnes, gefragt hatte, ob er hier nicht die Orgel in Ordnung bringen wolle. Er kam und blieb, hatte zwei italienische Gehilfen im Schlepptau, die ihm zur Hand gehen sollten. Die Italiener allerdings fuhren bald wieder in den Süden, weil es hier so „unverschämt kalt“ sei. Renkewitz tat sich mit Schreinermeister Karl Nill zusammen, in dessen Werkstatt die Einzelteile in gemeinsamer Arbeit gefertigt wurden. 

Renkewitze wurde 1911 in Zürich geboren, die Mutter starb früh, der Vater war Prediger. Weil er zu Hause nicht gut tat, es auch in der Schule zu nichts brachte, wie er selbst erzählte, wurde er zu einem Orgel-Macher in die Lehre gegeben. Der spätere Meister erklärt sich für „erblich“ mit dem Orgelbau verhaftet, ein Vorfahr soll Werkmeister bei dem berühmten deutschen Orgelbaumeister Gottfried Silbermann (gestorben 1750) gewesen sein. Alle Instrumente tragen sein Meisterzeichen, den Stern Gottfried Silbermanns, des berühmten Orgelbauers. Er habe sein bestes gegeben, wollte Renkewitz damit sagen. Er war „eben ein richtiger Künstler“, wie es heute noch von Menschen heißt, die ihn gekannt haben.

Die Blechorgel von Rimini. Als Soldat kam Renkewitz in ein britisches Gefangenenlager bei Rimini, in dem 140.000 Männer zusammengesperrt wurden. Dort entstand die „Blechorgel von Rimini“, die ihn zuerst berühmt gemacht hat. Innerhalb eines Vierteljahres baut Renkewitz mit großer Tatkraft und Begeisterungsfähigkeit auf einem freien Platz des Lagers „mit sechs Helfern aus alten Konservendosen, Blechkanistern, Apfelsinenkisten, Packdraht und anderem Behelfsmaterial eine Orgel mit insgesamt 502 Pfeifen, die dann über ein Jahr lang bei Lagergottesdiensten und Konzerten Verwendung fand“.

Eine erstaunliche Apparatur. Viel wurde davon geredet, ihr Ruf verbreitete sich rasch, der englische Diplomat und spätere Deutschlandminister John Hynd kam extra nach Rimini, um das Werk in Augenschein zu nehmen. Später wurde im Lager eine große Halle errichtet, in die die Orgel eingebaut und dort oft bei Konzerten und Gottesdiensten gespielt wurde. „In der Flugzeughalle hatte sie eine sehr schöne Akustik“, hieß es.

Die Engländer waren offensichtlich so angetan von dem Gebilde, dass sie Meister und Orgel auf ihre Insel verbringen wollten. Doch beide verschwanden kurzfristig. „Auf dem Dachboden der Kirche Sant’ Agostino in Rimini warteten Renkewitz und sein Instrument, bis sich der Sturm gelegt und die Engländer ihre ,Exportpläne‘ aufgegeben hatten. Er blieb nach der Entlassung in Italien und baute dort weiter Orgeln.

Die Blechorgel verstaubte in der Kirche, wo sie heute noch steht“, heißt es in einem alten Zeitungsartikel. Doch lange schon steht fest, dass die Orgel unrettbar verloren ist. Renkewitz hätte sie seinerzeit gerne nach Deutschland geholt und aufgestellt. Sein Plan scheiterte aber an den hohen Kosten.

Im Lager in Rimini lernte ihn übrigens auch Joachim Körner kennen, das Tübinger Polit-Original, das über Renkewitz sagte: „Er war ein sehr gebildeter Mann mit einem eigenwilligen Kopf“. 

Anmerkung der Homepage-Redaktion: Wenn Sie mehr über die Blechorgel Rimini wissen möchten, so klicken Sie hier: www.rimini-orgel.de